Matthias KEIL: Europatreffen der Priestergemeinschaft Jesus Caritas, RUDY, Polen, Juli 2017

Europatreffen der Priestergemeinschaft Jesus Caritas
vom 12. – 19. Juli 2017 in Rudy/Polen

ehemaliges Zisterzienserkloster Rudy, Schlesien

Das heurige Europatreffen der Priestergemeinschaft Jeus Caritas fand vom 12. – bis 19. Juli in Rudy statt, das in Schlesien bzw. im Süden von Polen liegt und zur relativ jungen Diözese Gleiwitz gehört. Untergebracht waren wir in den Gebäuden

des im 13. Jhdt. gegründeten Zisterzienserklosters, dessen Geschicke wesentliche Einblicke in die Geschichte Schlesiens geben. Nach nahezu 600 Jahren klösterlichen Lebens wurde die Zisterzienserabtei vom preußischen König im Jahre 1810 aufgelöst, diente dann den Herzögen von Ratibor als Schloss, wurde 1945 von der roten Armee völlig zerstört und ist erst in den letzten 10 Jahren von der Diözese zu neuem Leben erweckt worden. Heute beherbergen die weitläufigen Klosterräumlichkeiten ein Museum und ein Bildungs- bzw. Exerzitienhaus.

Der erste Teil des Treffens war den vorbereiteten Berichten gewidmet, welche die 20 Vertreter aus den insgesamt 10 Ländern mitgebracht hatten. Vor allem die Frage, wie die heutige Kultur sich auf priesterliche Berufungen auswirkt, brachte viel Ernüchterndes zu Tage. Mit einer einzigen Ausnahme, nämlich Apulien, sind die Priesterseminare in den westlichen Ländern Europas nahezu leer, Priesterweihen sind stark rückläufig, der Klerus vielfach überaltert. Eine Änderung dieser Situation ist nicht in Sicht. In Polen sieht die Lage noch anders aus, aber auch hier scheint sich allmählich ein Trendwechsel abzuzeichnen. Die Kirche in Europa befindet sich also in einem tiefgreifenden Wandel. Eine Gestalt von Kirche scheint zu vergehen, eine neue will sich noch nicht so recht zeigen, uns ist offensichtlich das „Dazwischen“ zugemutet.

Im Großen und Ganzen spiegelt sich in unserer Priestergemeinschaft das wieder, was im Klerus der einzelnen Diözesen zu beobachten ist – wir werden älter und weniger.

Aurelio Sanz

Aurelio Sanz, unser Weltverantwortlicher, gab in seinem Bericht zunächst einige Zahlen unserer Gemeinschaft bekannt: Die Priestergemeinschaft Jesus Caritas ist auf allen Kontinenten in insgesamt 60 Ländern vertreten. Ihr gehören 4.572 Priester an, darunter sind 59 Bischöfe.

Dann erwähnte Aurelio einige Punkte, die ihm wichtig erscheinen:

  • Die Homepage iesuscaritas.org sollte von allen Brüdern immer wieder besucht werden. Sie ist eine gute Möglichkeit für einen internationalen Informationsaustausch.
  • Eine Fraternität ohne gelebte Freundschaften ist keine Fraternität! Ein monatliches Treffen und dann geht wieder jeder seiner Wege – das ist zu wenig.
  • Es gibt 22 Zweige der Familie Charles de Foucauld. Die Verbindung mit anderen „Familienmitgliedern“ sollte von einzelnen und von den Bruderschaften aktiv gesucht werden.
  • Der Wüstentag wird insgesamt wenig praktiziert. Aurelio ermutigt, Wege zu suchen, diesen wichtigen Baustein unserer Spiritualität mit mehr Leben zu erfüllen.

Ein wichtiger Teil unserer gemeinsamen Tage war auch das „Rahmenprogramm“, gemeint sind die Erfahrungen von Kirche, die unsere polnischen Gastgeber für uns vorbereitet hatten. In erster Linie sind hier wohl der Samstag und der Sonntag zu nennen, an welchen die einzelnen Teilnehmer in verschiedenen Pfarren untergebracht wurden und so einen guten Einblick in einen polnischen Sonntag bzw. in die Lebenswirklichkeit eines Pfarrhofes erhielten. „Diese Art von Volkskirche kennen wir höchstens aus entfernten Kindertagen“ war der Tenor der meisten Rückmeldungen. Weiters wurde eine Fahrt zum Annaberg für uns organisiert, einem beliebten Wallfahrtsort nicht allzu weit von Rudy entfernt, auch ein Besuch in der „Barka“ stand am Programm, einer ähnliche Einrichtung wie das „Cenaculum“. Ein Priester hat mit einigen Ehrenamtlichen auf einem Bauernhof eine Möglichkeit geschaffen, dass Haftentlassene dort in ein geregeltes gemeinschaftliches Arbeitsleben zurückfinden. Die Fahrt nach Tschenstochau am letzten Tag war ein besonderer Höhepunkt zum Abschluss dieses schönen Europatreffens.

Das ganze Treffen war eingebettet in unser regelmäßiges Beten. Wie bei solchen Treffen üblich war ein Tag der „Wüste“ gewidmet. Jeder zog in der Früh mit einem Lunchpaket ausgestattet hinaus in die Natur, die meisten irgendwohin in die ausgedehnten Wälder der nahen Umgebung. Aurelio wies in seiner Einführung darauf hin, dass diese Zeit der Leere eine große Chance ist, dass Gott zu Wort kommen kann.

Eine spannende „Sache“ war dann die Wahl eines neuen Europaverantwortlichen. Nach mehreren Wahlgängen wurde Kuno Kohn aus Deutschland gewählt, der seine Wahl zur Freude aller Anwesenden auch annahm. Ihm wünschen wir viel „Kraft von oben“ für diese seine neue Aufgabe und an John McEvoy sagen wir ein herzliches Danke und Vergelt’s Gott für seinen Dienst in den letzten 6 Jahren.

John McEvoy

Kuno Kohn

Für die Organisation des nächsten Treffens im Juli 2020 in England hat sich Peter Stodard bereit erklärt. Im Jahr davor, im Jänner 2019 ist das nächste Welttreffen, das diesmal in Bangalore/Indien stattfinden wird. Weiters wurde besprochen, dass in Zukunft Europatreffen nur mehr alle 3 Jahre geplant werden sollen und nicht wie bisher jedes 2. Jahr.

Zum Abschluss des Treffens wurde noch an der Herausgabe einer gemeinsamen Botschaft gearbeitet. Für die Endfassung wurde die Zeit allerdings zu kurz und so wird dieser Text zu einem späteren Zeitpunkt erscheinen – so hoffen wir zumindest. Als Grobstruktur des Entwurfes wurden folgende Punkte genannt:

  • Missionarische Diözesanpriester
  • in säkularem Umfeld
  • von Charles de Foucauld inspiriert
  • inmitten einer Buntheit von Berufungen
  • gerufen zu einem einfachen Leben

Ein besonderer Dank gilt Andrzej Anderwald, dem Regens des Priesterseminares von Oppeln und allen andern polnischen Mitbrüdern für die umsichtige und herzliche Organisation unserer gemeinsamen Tage. Mögen diese Tage in dem Sinne fruchtbar werden, dass der Geist von Charles de Foucauld in unseren Bruderschaften lebendig bleibt und dass dieser Geist uns als Diözesanpriestern eine konkrete Hilfe in der Nachfolge Jesu ist.

Matthias Keil
Österreich-Verantwortlicher

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